Riehl-Arriba trifft Riehl-Abajo

Ein Blick ins Riehler Eck lässt mich zweifeln, ob wir hier richtig sind. In dieser versifften Kaschemme soll heute Abend Riehl Underground lesen? Doch, doch wird mir bestätigt: Die angesagten Bistros in Riehl-Arriba waren nicht am Slam Contest von Goldbeck gegen Dambowy interessiert. Einzig das Rieler-Eck in Riehl-Abajo zeigte sich offen für Kultur. Die Kneipe liegt nur wenige Meter die Straße runter, aber das Villenviertel von Riehl-Arriba scheint eine Galaxie entfernt. An der Theke hängen fünf alkoholgewöhnte Stammgäste, die sich über die ungewohnte Invasion aus Riehl-Arriba wundern. Als die steigende Zahl der Gäste den Spielautomatenbetrieb empfindlich stört, fühlt sich Stammgast Nr. 1 berufen, den Neuankömmlingen seine grundsätzliche Weltanschauung darzulegen:

„Mit studierten Arschlöchern kann ich gar nicht. Am schlimmsten sind die Pädagogen-Wixer.“

Na prima, denke ich, wahrscheinlich endet die erste Lesung von Riehl Underground in einer Schlägerei. Aber zum Glück scheinen die anwesenden Gynäkologen höher im Kurs zu stehen und der Slaming Contest kann zumindest ohne Handgreiflichkeiten beginnen. Mittlerweile hat sich eine Menschentraube vor dem Riehler-Eck gebildet und ich höre, wie eine Passantin verwundert ausruft:

„Um Himmelswillen feiert etwa jemand in dieser Spelunke eine Hochzeit? Das kann doch nicht wahr sein.“

Sie hastet weiter und verpasst ein echtes Highlight. Und damit meine ich nicht nur die Show der Kontrahenten Martin Dambowy gegen Christoph Goldbeck. Die Jungs waren echt gut, keine Frage. Das Shakespeare-Lager positioniert sich gegen das Pilsbier-Lager, die große Liebe schlägt König Fußball und die Menge fiebert mit. Nein, wirklich sensationell ist, dass die ganze Menge mitfiebert. Und zwar nicht nur die intellektuellen Spießer aus Riehl-Arriba, sondern vor allem die Stammgäste aus Riehl-Abajo. Sie lauschen gebannt, hängen an den Lippen der beiden Slamer, klatschen frenetisch Beifall und gehen voll mit. Stammkunde Nr. 2 bringt es auf den Punkt:

„So `ne Lesung ist gar nicht so scheiße langweilig, wie man immer denkt. Ich find´s super.“

Ich kann ihm nur zustimmen. Recht hat er!